Welpen groß ziehen - kann doch jeder! Oder? Teil 2

  • Bettina Alfaro
  • 20.02.2022
  • Welpen

Im ersten Teil ging es um die ersten Wochen mit dem Welpen, der Überlegung wie das gemeinsame Leben aussehen soll und dem Schaffen von Strukturen und einem Belohnungssystem - aber auch dem Managen von Erwartungen. Wer es verpasst hat kann hier noch mal nachlesen

Jetzt habe ich also einen Welpen, der mir vertraut, gerne Spaß mit mir hat und etwas mit mir unternimmt und ein zumindest den Beginn eines Kommunikationssystems. Erst jetzt fange ich an, erste Verhalten zu etablieren. Und nein, Sitz lernt er immer noch nicht. 

Viel wichtiger finde ich persönlich einen zuverlässigen Rückruf und die Fähigkeit, mir immer und überall Aufmerksamkeit zu schenken. Letzteres quasi Als Fabrikeinstellung - wenn der Welpe nicht weiter weiß, dann dreht er sich zu mir. Aber es schadet natürlich auch nicht, ein Signal für "hallo du, schenk mir mal bitte kurz deine Aufmerksamkeit!" zu haben. Nennt man Namensnennung. Ja, ich weiß, manche sind die Dinge so einfach. Und dann scheinbar doch so schwer: ich kann nämlich nicht davon ausgehen, dass mein Zwerg die Bedeutung eines für ihn völlig irrelevanten Geräuschs als seinen Namen mit vorstehender Definition empfindet. Aber das kann ich ihm ja erklären. (Ich verknüpfe dieses Geräusch mit etwas Spannendem/Schönen bei mir, so dass er unbedingt schauen will was so passiert wenn er es hört. Für die Geeks unter euch: klassische Konditionierung.).

Mein Rückruf basiert heutzutage auch in erster Linie auf einer klassischen Reizverknüpfung. Jedes mal, wenn ich meinen Welpen rufe passieren die tollsten Dinge bei mir. Dabei beginne ich mit dem Welpen direkt vor oder neben mir - das Entscheidende ist ja hier nicht das Zurücklegen großer Distanzen (mein Welpe befindet sich ja sowieso in meiner unmittelbaren Nähe), sondern das Umrichten zu mir, das Ignorieren von konkurrierenden Umweltreizen. Das ist eigentlich kein Zauberwerk. Kleine Säugetiere sind biologisch darauf ausgelegt, ihre Versorger nicht aus den Augen zu lassen, sonst wären sie in freier Natur verloren. Dieser Instinkt ist noch weitgehend vorhanden. Wenn mein Fellknäul also anmarschiert kommt, lobe und belohne ich das, egal wessen grandiose Idee das war. Ich spiele auch diverse Spiele mit Futter und Spielzeug, die darauf abzielen dass der Welpe mit voller Geschwindigkeit freiwillig und fröhlich zu mir gerannt kommt - denn genau diese Gefühle möchte ich mit meinem Rückruf verknüpfen. Der Welpe steht sowieso hinter mir, wenn ich die Tür zum Kühlschrank öffne? Die Leine vom Haken nehme? Nach Hause komme? Dann rufe ich ihn, und markiere und belohne entsprechend. Der Rest ist dann eigentlich nur noch Management; ich rufe nie, wenn ich mir nicht sicher bin, dass der Welpe auch kommen kann. Dann gehe ich hin, und hole ihn. Mein Welpe spielt mit anderen Welpen? Ich gehe hin, halte ihm etwas duftendes vor die Nase, ziehe ihn aus dem Spiel und lasse erst dann mein Rückrufwort folgen, wenn ich sicher bin dass er mir auch weiter folgt. Mit steigendem Alter steigen dann die Herausforderungen. Irre ich mich in meiner Einschätzung und der Welpe kommt nicht umgehend angeflogen, wenn ich rufe, dann wiederhole ich die Aufforderung nicht ad absurdum; ich gehe hin und hole ihn, oder ich warte, bis meine Chancen besser stehen. Das kommt generell extrem selten vor, denn auch hier manage ich wieder. Da Hunde wie wir auch durch Erfolg lernen, wird meine Belohnungshistorie immer besser, und mein Rückruf immer zuverlässiger. So muss ich nicht am fliehenden Reh üben, um zu sehen ob mein Rückruf stand hält. 

Ähnlich verfahre ich auch mit dem Thema Aufmerksamkeit; der aufmerksame Hund wird 1000fach markiert und belohnt, bis es zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Kann mein Welpe das gerade nicht leisten, weil die Umwelt zu aufregend ist, dann kommt wieder Management ins Spiel. Ich sehe zu, dass ich genug Abstand zum entsprechenden Reiz habe. 

Und dann bin ich auch schon in der Leinenführgkeit - der aufmerksame Hund ist ja in meiner Nähe und zieht daher auch nicht an der Leine. Und dazu hat er idealerweise auch nie Gelegenheit, denn ich gehe nicht großartig spazieren. Waaaaas?! Ruft die Landwirtschaftsministerin an. Und den Tierschutz. Newsflash (na ja, eigentlich nicht): Welpen brauchen keine Spaziergänge im eigentlichen Sinne. Sie sollen explorieren, Dinge kennenlernen. Aber sie müssen keine definierte Runde gehen. In Bezug auf die Leinenführigkeit gebe ich also ständig Feedback wie toll ich die lockere Leine finde. Das bedeutet, dass ich bei unseren ersten Outings im Ort mehr oder weniger an einer Stelle stehe. Denn wenn ich los laufen würde, wohlmöglich noch mit Ziel im Stechschritt, dann hängt der Knirps ja gleich in der Leine. In acht Richtungen gleichzeitig. Also bewegen wir uns nur vorwärts, wenn er seine fünf Sinne so weit zusammen hat, dass die Leine locker bleibt. Zum rum laufen suche ich mir Stellen, wo ich keine Leine brauche. Oder ich trage ihn kurz durch eine Hundegruppe, wenn er nicht in der Lage ist an lockerer Leine durch zu laufen. Was immer nötig ist, dass er möglichst nie heraus findet, dass man theoretisch auch an der Leine ziehen könnte. Und wenn doch, dann geht es nicht vorwärts. 

Außerdem zeige ich meinem Welpen in dem Erziehungsabschnitt noch verschiedene Lernformen, einer Lockhand hinterher zu laufen, aber auch kreativ zu sein und Verhalten anzubieten. Dabei ist es eigentlich egal, was er dabei an tatsächlichen Verhalten lernt; rückwärts gehen, Handtarget, Spiele die Koordination und Körperbewußtsein fördern, und ja, von mir aus auch Positionen wie Sitz, Platz und Steh. Das sind zu diesem Zeitpunkt aber Wegwerfverhaltenn, es geht lediglich um Konzepte und darum, einen willigen und fröhlichen Trainingspartner zu haben. Lernen zu lernen, könnte man sagen. Wenn ich diese Grundlagen habe, dann kann ich nämlich alle möglichen Verhalten fördern und formen, egal ob Dinge für den Alltag (berühre die Hand meines Besuchers, statt an ihm hoch zu hopsen, geh auf deine Decke, wenn der Postbote kommt, warte bis ich deine Schüssel auf den Boden gestellt habe, bevor du dich drauf stürzt, etc.) oder für spätere Unternehmungen (heb meinen Schlüssel auf, mach das Licht an, drücke den Alarmknopf) oder sportliche Aktivitäten (bewege deine Hinterhand unabhängig von der Vorderhand, spring über die Hürde, renne durch den Bogen...).

Mein dritter Schwerpunkt ist das Üben von Ruhe und höflichem Verhalten für den Alltag. Dazu mehr im dritten Teil dieser kleinen Serie. 



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