Das L.E.G.S.-Modell zum Verstehen von Verhalten 1

  • Bettina Alfaro
  • 12.11.2024
  • Junghunde

Hundetraining entwicklet sich ja dankenswerterweise immer weiter, und in den letzten Jahren wurde in dem Bereich viel geforscht und veröffentlicht (und zwar an Hunden, nicht an Wölfen - schließlich haben die wenigsten von uns einen Wolf auf dem Sofa sitzen!)

Vielleicht hast du schon vom L.E.G.S.-Modell der angewandten Ethologie gehört. Dieses Konzept wurde von der Ethologin Kim Brophey entwickelt.Wenn wir das Verhalten unseres Hundes durch die Linse dieser 4 miteinander verbundenen Faktoren betrachten, können wir besser verstehen, WARUM Verhalten gezeigt wird. Insbesondere in Bezug auf Junghunde sind ein paar spannende neue Erkenntnisse dabei.


Die Abkürzung LEGS steht für folgende Elemente:

L – Lernen (Learning)

E – Umwelt (Environment)

G – Genetik (Genetics)

S – Selbst (Self)


Lernen

Diese Kategorie beinhaltet zu einen, was wir unseren Hunden durch Training und Sozialisieren beigebracht haben, zum anderen aber auch alles, was sie im Alltag einfach so durch Erfahrung lernen. Hunde lernen, indem sie die Welt um sich herum beobachten, mit anderen sozialen Wesen und ihrer Umgebung interagieren und natürlich durch klassische und operante Konditionierung und alle anderen uns bekannten Lernformen.

In der Hundeschule liegt unser Augemnmerk ja meist auf aktivem Lernen; Verhalten dass sich lohnt wird öfter gezeiht, Verhalten das sich nicht lohnt wird weniger oft gezeigt oder verschwindet weitgehend. In der Verhaltenstherapie beschäftigen wir uns auch viel mit den Lernformen Habituation (der Hund soll sich an irgend etwas gewöhnen) und klassische Konditionierung (wir wollen Emotionen verändern). Aber gelernt wird ja immer - ob wir das nun gezielt planen oder nicht. Und  insbesondere in Bezug auf unge Hunde gibt es ein paar interessante neue Erkenntnisse: 

Erstens ist das Löschen eines Verhaltens aufgrund der Art und Weise, wie das Gehirn eines Heranwachsenden verdrahtet ist, schwieriger als bei anderen Altersgruppen. Das bedeutet, dass das Ignorieren eines Verhaltens (d. h. die bewusste Entscheidung, es nicht zu verstärken) nicht so leicht zu einem Abnehmen des unerwünschten Verhalten führt. Sagen wir zum Beispiel der Hund springt zur Begrüßung an Menschen hoch. Das Hochspringen zu ignorieren, indem man die Aufmerksamkeit zurückhält, wegschaut oder auf andere Weise Interaktionen vermeidet, die das Verhalten verstärken könnten, erweist sich bei heranwachsenden Hunden normalerweise nicht als besonders effektiv. Manche Hunde scheinen sogar noch hartnäckiger zu werden, wenn dies geschieht!

Junghunde (oder menschliche Teenager!) sind nicht absichtlich unausstehlich – ihr Gehirn ist einfach darauf ausgelegt, in diesem Stadium Ausdauer zu fördern. Stell dir mal einen wilden heranwachsenden Hund vor. In diesem Lebensstadium beginnen sie, die Verantwortung für die Nahrungssuche selbst zu übernehmen, neue Gebiete zu erkunden und sich für die Fortpflanzung zu interessieren. In diesen Situationen wird das Jungtier mit Widrigkeiten konfrontiert, und wenn sie gleich beim ersten unangenehmen Ereignis aufgeben, werden sie verhungern, gehänselt werden oder sich zumindest nicht fortpflanzen. Hunde mit sehr geringer Ausdauer in diesem Lebensstadium geben wahrscheinlich nicht viele Gene an die nächste Generation weiter. Die Natur wählt Hunde aus, die es weiter versuchen, auch wenn die Dinge nicht gut laufen. Penetrant und hartnäckig zu sein ist also ein evolutionsbiologischer Vorteil. 

Der zweite Punkt, in dem heranwachsende Hunde sich ein wenig von Hunden in anderen Lebensstadien unterscheiden, ist, dass ihr limbisches System – der Teil ihres Gehirns, der für Emotionen zuständig ist – viel schneller wächst als der Teil ihres Gehirns, der für Selbstkontrolle, Risikobewertung und kognitive Verarbeitung zuständig ist (der präfrontale Kortex). Das bedeutet, dass ein Teil ihres Verhaltens emotional getrieben und nicht einmal freiwillig ist. (Wenn dir vor Wut die Tränen in die Augen schießen oder wenn du als emotionale Reaktion vor Begeisterung quietschst machst du das auch nicht bewusst!) Das Hochspringen Ihres Hundes ist vielleicht nicht einmal etwas, wozu er sich entschieden hat. Es kann einfach sein, dass sein emotionales Gehirn überreizt ist.

Um die Sache noch komplizierter zu machen, sind diese beiden unterschiedlichen Gehirnregionen – der präfrontale Kortex, der Impulse steuert, und das limbische System, das alles Emotionale steuert – während der Pubertät eigentlich nicht so gut miteinander verbunden. Später im Leben wird das Gehirn deines Hundes seine emotionalen Reaktionen aktiver filtern, aber im Moment … sind die Nervenbahnen dafür noch nicht wirklich eingerichtet. Unsere jungen Hunde entwickeln GROSSE Gefühle für Dinge, aber ihre Fähigkeit, zu beurteilen, wie sie auf diese Gefühle reagieren sollen, ist biologisch gering.

Wenn du also das Gefühl hast, dass die Ausbildung deines Hundes während der Pubertät einen großen Schritt nach hinten gemacht hat - das ist der Grund! Und wenn du das Gefühl hast, dass dein Hund plötzlich nur noch schlechte Entscheidungen trifft, obwohl er ein so aufgeweckter und aufmerksamer Welpe war kann es hilfreich sein zu wissen, dass du das nicht persönlich nehmen solltest. Er "testet" auch nicht unbedingt bewußt siene Grenzen aus, es handelt sich mehr um unbewußte Vorgänge in seinem Hirn.

 In den folgenden Beiträgen beschäftigen wir uns mit den anderen drei Faktoren, stay tuned...


Weil Pubertiere und adoleszente Hunde anders lernen als erwachsene Hunde haben wir auch bewußt noch Junghundegruppen, in denen wir darauf Rücksicht nehmen. 


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